Call for Abstracts Jahrestagung 2026
Medizin und Zeit.
Ethische Perspektiven
10.-12. September 2026, Oldenburg
Veranstalter:
Abteilung für Ethik in der Medizin, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Tagungsverantwortlich: Prof. Dr. Mark Schweda
Call for Abstracts
Vorträge – Poster – Workshops – Satelitten-Workshops
Tagungsinhalt
Zeit kommt in Medizin und Gesundheitsversorgung eine ethisch zentrale Bedeutung zu: Zum einen prägen medizinische und pflegerische Perspektiven und Praktiken die zeitlichen Strukturen des menschlichen Lebens und beeinflussen die Erfahrung und Gestaltung entscheidender Lebensereignisse und -prozesse wie Geburt, Entwicklung, Fortpflanzung, Gesundheit und Krankheit, Altern, Sterben und Tod. Entsprechend fordern medizinische Entwicklungen – etwa im Bereich der Reproduktionsmedizin, der medizinischen Prädiktion und Prävention, der Behandlung chronischer Erkrankungen, der Lebensverlängerung oder Sterbebegleitung – gewohnte Zeiterfahrungen und „Lebenszeitordnungen“ heraus. Zum anderen nehmen ärztliches und pflegerisches Handeln, gesundheitliche Versorgung sowie medizinische Forschung selbst Zeit in Anspruch, sind oft zeitkritisch, wie z. B. in der Notfall- oder Transplantationsmedizin, und werden durch zeitliche Rahmenbedingungen wie institutionelle Zeitregimes in Krankenhäusern oder Pflegeheimen geprägt. Auch kollektive Zeitdimensionen wie soziale Beschleunigungsprozesse, wissenschaftliche Fortschritte oder die Abfolge der Generationen in Familie und Gesellschaft spielen eine wichtige Rolle.
Diese wechselseitigen Beziehungen zwischen Medizin und Zeit werfen vielfältige ethische Fragen auf: Welche moralische Relevanz haben zeitliche Aspekte wie individuelle Zeiterfahrung, Zeitmangel und Zeitdruck, gesetzliche Fristen und Altersgrenzen, die Unverfügbarkeit vergangenen Verhaltens oder die Unabsehbarkeit zukünftiger Folgen in Entscheidungs- und Handlungszusammenhängen des Lebens- und Versorgungsalltags? Welche moralischen Fragen werfen neue medizinische Möglichkeiten mit Auswirkungen auf die individuelle Zeiterfahrung und die Zeitstruktur des menschlichen Lebens auf, z. B. im Kontext der Fortpflanzungsmedizin, der medizinischen Prädiktion und Prävention, gesundheitlicher Vorausplanung, (radikaler) Lebensverlängerung oder datenintensiver genetischer Forschung? Wie sind zeitliche Faktoren und Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung, etwa Karenz- und Wartezeiten, synchrone oder asynchrone Abläufe, Vergütungssysteme oder Nachhaltigkeitsgesichtspunkte, moralisch zu bewerten? Und wie lassen sich ethische Begrifflichkeiten, Ansätze und Methoden so konzipieren, dass sie der Bedeutung von Zeit und Zeitlichkeit in Medizin und Gesundheitsversorgung angemessen Rechnung tragen können?
Themenfelder
Ethische Bedeutung zeitlicher Aspekte in Medizin und Pflege: z. B. immanente Zeitstruktur gesundheitsrelevanter Prozesse wie Erkrankung, Genesung, Fortpflanzung, Altern, Sterben; subjektive Zeiterfahrung, etwa bei psychischen Erkrankungen, chronischem Schmerz oder begrenzter Lebenserwartung; Abwägungen von Lebenszeit und Lebensqualität, z. B. bei geriatrischen Behandlungen, Entscheidungen am Lebensende oder gesundheitsökonomischen Kalkulationen; institutionelle und gesellschaftliche
Zeitressourcen und Zeitregime, z. B. Zeitdruck und Zeitknappheit im klinischen Alltag und Auswirkungen auf die Versorgungs- und Lebensqualität; spezifische zeitliche Dynamiken in Notfall-, Intensiv-, Transplantations- oder Palliativversorgung
Einfluss medizinischer und pflegerischer Praktiken auf Zeiterfahrung und -gestaltung: z. B. Bedeutung von Prädiktion, Prävention und Vorausplanung für individuelles Selbstverständnis (z. B. „patients in waiting“) und gesundheitliche Eigenverantwortung; Auswirkungen von Diagnosen, Therapien und Prognosen auf subjektives Zeiterleben und Lebensqualität (z. B. Langzeitüberleben nach Krebs); Rolle von Phasen, Zäsuren und Übergängen wie Geburt, Kindheit, Volljährigkeit, Elternschaft, Klimakterium, Hochaltrigkeit im medizinischen und pflegerischen Kontext, z. B. in Reproduktions- (IvF,
„Social Freezing“) bzw. Altersmedizin (Geriatrie, Anti-Aging); zeitliche Implikationen gesundheitlicher Vorausverfügungen; Status zukünftiger Personen im Kontext von Reproduktionsmedizin, Genomeditierung oder Embryonenforschung
Stellenwert kollektiver Zeitdimensionen in Medizin und Gesundheitsversorgung: z. B. historische Gerechtigkeit mit Blick auf medizinische Forschung und Praxis in Kolonialismus oder Nationalsozialismus; intergenerationelle Verpflichtungen, etwa im Rahmen der familialen Pflege, der öffentlichen Gesundheitsfürsorge (z. B. Infektionsschutzmaßnahmen
in der Pandemie) oder der Verteilung medizinischer Ressourcen zwischen Altersgruppen (z. B. Priorisierung von Kindern und Jugendlichen, Altersrationierung); Verantwortung für die Zukunft und junge sowie künftige Generationen angesichts medizinisch-technischer sowie ökologischer Entwicklungen wie etwa Eingriffen in die Keimbahn, Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen, datenintensiver medizinischer Forschung oder gesundheitlicher Folgen des Klimawandels
Temporale Implikationen medizinethischer Konzepte, Theorien und Methoden: z. B. Bedeutung lebensgeschichtlicher Kohärenz für den Begriff der Patientenautonomie; zeitliche Perspektiven und Graduierungen von Wohlergehen, Lebensqualität und gutem Leben; Zeitdimensionen gerechtigkeitsethischer Diskussionen (z. B. Wartezeit oder Lebensalter als Verteilungskriterium); Rolle zeitlicher Kategorien wie Prozessualität, Biographizität und Narrativität in medizin- und pflegeethischen Konzeptionen und Argumenten; Relevanz langfristiger Zeithorizonte für forschungsethische Erwägungen (z. B. Broad oder Dynamic Consent, Technikfolgenabschätzung, Forecasting); methodische Herangehensweisen an Zeitlichkeit in (empirisch informierter) medizinethischer Forschung (z. B. Life course-Perspektiven, longitudinale Forschungsdesigns und Zukunftsszenarien); kritische Selbstreflexion der Medizinethik im Horizont ihrer eigenen Zeitlichkeit (z. B. Relevanz von Tradition und Fortschritt in der Medizinethik)
Einladung
Wir freuen uns, Sie im September 2026 bei uns in Oldenburg begrüßen zu dürfen! Die Jahrestagung 2026 der Akademie für Ethik in der Medizin widmet sich der Erörterung ethisch relevanter Zusammenhänge zwischen Medizin und Zeit. Die ethische Bedeutung der zeitlichen Strukturen menschlichen Lebens in Medizin und Pflege, die Rolle medizinischer Entwicklungen für die individuelle Zeiterfahrung und -gestaltung, die Auswirkungen von Zeitknappheit und Beschleunigung im Gesundheitswesen auf die Versorgungs- und Lebensqualität oder Verantwortung für künftige Generationen im Kontext von Public Health und medizinischer Forschung – das sind nur einige der Themen, die auf der Veranstaltung diskutiert werden sollen. Wir laden Sie herzlich ein, sich an dieser
Diskussion zu beteiligen. Zur Gestaltung des wissenschaftlichen Programms sind Beiträge aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Fachdisziplinen und Gesundheitsberufen willkommen.
Folgende Arten von Beiträgen sind zum Kongressthema möglich:
A) Sektionsvorträge (15min Redezeit+10min Diskussion)
B) Poster (Ausstellung, moderierter Rundgang: 3min Redezeit + 2min Rückfragen)
C) Workshops (Dauer 90min, parallel zu Sektionsvorträgen)
Daneben sind auch thematisch offene Beiträge möglich als:
D) Sektionsvorträge (analog A)
E) Poster (analog B)
F) Satelliten-Workshops (Do 10.09.2026; Dauer 120 bis 180min)
Die thematisch offenen Beiträge dienen der Präsentation aktueller Forschungsergebnisse aus den verschiedenen Bereichen der Ethik im Gesundheitswesen und der Public Health Ethik.
Workshops zum Tagungsthema und Satelliten-Workshops sollen mit innovativem methodischen Vorgehen Teilnehmende aktiv einbeziehen und sich damit von den Vortragssitzungen abgrenzen.
Die Satelliten-Workshops sollen ein aktuelles wissenschaftliches Thema aus Ethik im Gesundheitswesen oder Public Health Ethik vertiefen oder eine fachlich-methodische Fortbildung darstellen.
Dieses Format richtet sich insbesondere an die Arbeitsgruppen in der AEM sowie an (inter-)nationale Forschungsprojekte bzw. institutionsübergreifende Initiativen.
Die Durchführung der Workshops und Satelliten-Workshops liegt in den Händen der Organisator*innen des jeweiligen Workshops. Für alle Workshops sind Kosten für Reise und Unterbringung der Referierenden sowie Materialkosten selbst zu tragen. Abhängig von den Anmeldezahlen kann für die Satelliten-Workshops ein gewisses Budget zur Verfügung gestellt werden.
Abstracteinreichung
Für einen Kongressbeitrag mit einem Vortrag oder Poster reichen Sie bitte ein Abstract von maximal 2.500 Zeichen (inkl. Leerzeichen) ein.
Um möglichst vielen Personen die Gelegenheit zu geben, einen Vortrag zu präsentieren, bittet der Vorstand der AEM, nur ein Abstract in Erstautorschaft einzureichen.
Als Bewerbung für einen (Satelliten-)Workshop senden Sie bitte ein Konzept von maximal 5.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen), in dem Sie das Thema und die Methodik beschreiben. Es wird empfohlen, vorgesehene Mitwirkende zu benennen und anzugeben, ob diese kontaktiert sind oder bereits zugesagt haben.
Die Auswahl der Abstracts für die Sektionsvorträge, Poster sowie die Auswahl der Workshops erfolgt anonymisiert durch einen wissenschaftlichen Beirat nach den Kriterien wissenschaftliche Qualität, Originalität und ethische Relevanz.
Bitte reichen Sie Ihr Abstract bzw. Ihr Konzept per Online-Formular als Word-Dokument ein.
Die Deadline für alle Bewerbungen ist der 31.01.2026.
Nachwuchspreis bester Vortrag
Auf der Jahrestagung wird ein Nachwuchspreis für den besten Vortrag zum Tagungsthema vergeben. Der Preis ist mit 500 € dotiert und erfordert eine Bewerbung. Personen, die sich bewerben, dürfen nicht älter als 39 Jahre und noch nicht habilitiert sein und auch keine Professur in einem anderen Fach haben. Liegt eine abgeschlossene Doktorarbeit vor, dürfen seit dem Promotionsdatum maximal 5 Jahre vergangen sein. Eine Verlängerung dieser Frist, z. B. aufgrund von Kindererziehung oder Berufstätigkeit außerhalb der Wissenschaft, kann auf Anfrage gewährt werden. Zudem darf die Person den Preis für den besten Vortrag nicht schon einmal gewonnen haben. Die Auswahl wird durch ein Preiskomitee getroffen. Die Verleihung des Preises erfolgt am 12.09.2026 im Rahmen der letzten Plenarsitzung.
Posterpreis
Auf der Jahrestagung 2026 wird zudem ein Posterpreis vom Veranstalter vergeben. Eine gesonderte Bewerbung zur Teilnahme ist nicht erforderlich.
Während der Tagung wird auf Anfrage eine Kinderbetreuung angeboten.
Teilnehmende mit Behinderung und Teilnehmende mit Assistenzbedarf nehmen bitte mit dem Organisationsteam Kontakt auf:
Tel.: (0441) 7984454 oder per E-Mail an medizinethik@uni- oldenburg.de mit Betreff:
AEM 2026.
Bewerben
Bitte reichen Sie Ihr Abstract bzw. Ihr Konzept per Online-Formular als Word-Dokument ein. Die Deadline für alle Bewerbungen ist der 31.01.2026.
Kontakt
Akademie für Ethik in der Medizin e. V.
Humboldtallee 36
D-37073 Göttingen
Tel.: +49-551/39-35344
Fax: +49-551/39-35342
E-Mail: kontakt(at)aem-online.de
